Talbrücke A7 Stettbach
TALBRÜCKE A7
STETTBACH
Es ist einer der ersten warmen Frühlingstage in diesem Jahr und die Hecken und Streuobstwiesen im Lachgraben erstrahlen im hellen Licht. Die dort ansässigen Feldhamster werden demnächst wieder aus ihren Bauten kommen, die geborgten Bewohner des Tals die wir heute aufsuchen, kennen keinen Winterschlaf.
Seit Juni 2021 gibt es ein kleines Containerdorf im Tal, wo all jene Platz finden, die in 5 Jahren gemeinsamen Schaffens, einen Ersatzneubau der Talbrücke Stettbach der Autobahn A7 errichten.
Es sind eigentlich zwei Brücken, eine für jede Richtungsfahrbahn, welche ursprünglich 1966 errichtet wurden und welche nun in die Jahre gekommen sind. Während für den Verkehr jeweils eine Richtungsfahrbahn zur Verfügung steht, wird die andere Brücke abgebaut und durch einen Neubau ersetzt.
Gemeinsam mit Emanuel, dem Abteilungsleiter für Brückenbau, erkunden wir die Baustelle, wo heute alle Mitarbeiter der Brückenbaustelle zusammenhelfen, um einen weiteren Meilenstein zu setzen: das Betonieren des letzten Widerlagers der zweiten Brücke.
Doch alles der Reihe nach. Den Zuschlag zum Großauftrag, der immerhin mit mehr als 27 Millionen Euro dotiert ist, erhielt Mayerhofer im Mai 2021 und wenige Wochen danach begannen die ersten Arbeiten vor Ort.
Nachdem die nach Norden führende Brücke baulich angepasst wurde, so dass alle Fahrspuren in beide Richtungen dort Platz fanden, konnte die erste Brücke in Angriff genommen werden.
Im ersten Bauabschnitt wurde die nach Süden führende Brücke unter Zuhilfenahme eines speziellen Abbruchgerüstes und schwerem Abbruchgerät im wahrsten Sinne „in die Zange genommen“. Hier kam ein für diesen Zweck angekaufter Longfrontbagger zum Einsatz, der mit seiner hydraulischen Zange das Bauwerk in kleinen Stücken abbaute.
Mehr als 10.000m3 Beton wurden im Laufe des Abbruchs der beiden alten Brücken vollständig aufbereitet und recycelt. Da es bei Mayerhofer eine große Abteilung für Abbruch, Recycling & Erdbau gibt, kommt auch auf dieser Baustelle alles aus einer Hand.
Damit man die in das Erdreich ragenden Enden der Brücke des ersten Bauabschnittes abbrechen konnte, wurde ein sogenannter „Mittellängsverbau“ entlang der sich in Betrieb befindlichen Hälfte der Autobahn eingebracht. Dieser Verbau ermöglicht, knapp neben dem laufenden Verkehr, eine ca. 10 m tiefe Baugrube, welche zum Abbruch des alten Bestandes und auch zum Neubau der neuen Talbrücke dient, herzustellen. Dieser Mittellängsverbau wird als Trägerbohlverbau mit zwei Ankerlagen ausgeführt. Auch für solche Verbauarbeiten gibt es bei Mayerhofer das hierfür benötigte Gerät und entsprechende Spezialisten, die sich über solche Aufgabenstellungen freuen.
So begann im Jahr 2022 der Wiederaufbau der ersten Brücke. Für das stabile Fundament sorgen massive Bohrpfähle, welche das Bauwerk am felsigen Untergrund binden. Für jede der beiden Brücken wurden jeweils Bohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,5 Metern und einer Gesamtlänge von 2600 Metern errichtet, worauf dann die Fundamente gründen. Fast 20.000m3 Aushub wurden als Vorarbeit für die Fundamente, Widerlager und Pfeiler bewegt.
Die Brücken besitzen eine Länge von 240 Metern und werden jeweils in 6 Abschnitten mit Koppelfugen als Spannbetonbauwerk ausgeführt. Mit Ende 2022 waren dann die neuen Unterbauten, Fundamente, Pfeiler und Widerlager der ersten Brücke fertiggestellt und es begann die Arbeit am Überbau.
Der jeweils zweistegige Überbau der Brücken wird im konventionellen Verfahren mittels Traggerüst hergestellt. Auch für dieses Traggerüst müssen entsprechende Fundamente in Form von Großbohrpfählen hergestellt werden, auf denen dann die einzelnen Traggerüstfelder
mit einer Stützweite von 15-18 Metern aufgebaut werden. Auf die Längsträger des Traggerüstes werden Leisten mit Überhöhung montiert, damit die Brückenunterseite bei späterem Einwirken der Last durch den verbauten Stahlbeton und letztendlich durch den Verkehr, immer noch minimal leicht konkav ausgeführt ist.
Dann werden die vorgefertigten Schalungskästen aufgesetzt und der Überbau verschalt. Nach Fertigstellung der Schalung werden mehr als 100 Tonnen Bewehrung pro Betonierabschnitt eingebaut. Je Steg werden 12 Spannglieder millimetergenau in Höhe und Lage verbaut. Die Spannglieder, die man sich wie Drahtseile vorstellen kann, haben an den Enden sogenannte Spannköpfe. Diese dienen dazu, dass man die Spannglieder nach dem Betonieren, bei entsprechender Betonfestigkeit, mit definierter Kraft, welche durch den Statiker vorgegeben wird, an den Enden bzw. Fugen der Brücke vorspannt. Durch diesen Vorgang entsteht „Spannbeton“, dieser erhöht immens die Traglast des Bauwerkes und vermeidet zudem Risse im Beton.
Pro Abschnitt werden dann nach Fertigstellung der Schalungs- und Bewehrungsarbeiten innerhalb von einem Tag in einem großen gemeinsamen Kraftakt mehr als 700m3 Beton eingebracht. Fast 100 Fuhren Transportbeton werden benötigt, um die Schalung eines der sechs Abschnitte zu betonieren. Die Betonoberfläche wird hierbei, in Abhängigkeit der Festigkeitsentwicklung des Betons, bis in die frühen Morgenstunden des Folgetages geglättet.
Nachdem der Beton ausgehärtet ist und die erste Vorspannung auf die Spannglieder aufgebracht ist, wird das Traggerüst abgesenkt. Die Schalungskästen wurden vom Team Mayerhofer so vorbereitet, dass sie am fertigen Überbau hängen bleiben und nach Absenkung und Ausbau des Traggerüsts nachträglich heruntergelassen und wieder auf den nächsten Abschnitt gehoben werden können.
Nachdem alle sechs Abschnitte des Überbaus fertiggestellt sind, werden im Nachgang die Kappen betoniert, auf denen sich dann die Gehwege, Geländer und die Beplankung der Brücke befinden.
Im Mai 2024 begann die Geschichte wieder von vorne, jedoch nun für die Brücke der zweiten Richtungsfahrbahn. Auch wenn die Errichtung der zweiten Brücke in gleicher Weise wie soeben beschrieben stattfindet, war der Abbruch doch ein gänzlich anderes Ereignis.
Nach einigen Vorbereitungen wurde die zweite Brücke am 30. Mai 2024 gesprengt und im Anschluss von Mayerhofer wieder vor Ort aufbereitet und recycelt. Damit begann also im Frühjahr vergangenen Jahres der Wiederaufbau der zweiten Brücke.
Heute wird, wie bereits berichtet, das letzte Widerlager der zweiten Brücke mit über 300 m3 Beton in die bis zu 8 m hohe Schalung gegossen. Die Brückenpfeiler ragen bereits 20 Meter in den Himmel und der erste Abschnitt des Überbaus wird gerade geschalt.
Lange dauert es jetzt also nicht mehr, bis beide Brücken wieder für den Verkehr freigegeben werden. Dann wird noch das Containerdorf abgebaut und alle Spuren der Baustelle beseitigt. Bald also schon ziehen die geborgten Bewohner zur nächsten Baustelle von Mayerhofer weiter und die Feldhamster übernehmen wieder das Tal des Lachgrabens.